Menschenrechtsverein


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Menschenrechtsverein für Migranten e.V.
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11. Mai 2021

150 renommierte Menschenrechtsexperten fordern Rechenschaft für den Massenmord an politischen Gefangenen im Iran

Die Massenhinrichtungen von politischen Gefangenen im Iran im Jahre 1988 gelten als Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Namhafte Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft, darunter 45 ehemalige Mandatsträgerinnen und -Träger der Vereinten Nationen und weltweit angesehene Juristen, rufen die UNO auf, diese Verbrechen zu untersuchen und das Teheraner Regime nach dem internationalen Völkerstrafrecht zur Verantwortung zu ziehen.

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Mehr als 150 namhafte Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft sowie internationale Menschenrechtsgruppen haben sich der Kampagne angeschlossen, die sich dafür einsetzt, dass das Regime im Iran für die Ermordung von tausenden politischen Gefangenen im Jahre 1988 zur Rechenschaft gezogen werden muss. In einem offenen Brief an die Hohe Menschenrechtskommissarin der UNO, Michelle Bachelet, haben sie zur Gründung einer internationalen Untersuchungskommission aufgerufen, die Ermittlungen über die Massaker, die damals in den iranischen Gefängnissen stattfanden, durchführen soll. Zu den Unterzeichnern des Aufrufs gehören 45 ehemalige Mandatsträgerinnen und -Träger der Vereinten Nationen sowie international angesehene Menschenrechtsexperten und Juristen.

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Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Das Teheraner Regime ließ im Jahre 1988 tausende politische Gefangene hinrichten.

Die Massenhinrichtungen von tausenden politischen Gefangenen, die 1988 in Gefängnissen im ganzen Iran vollstreckt wurden, werden von zahlreichen Menschenrechtlern als Verbrechen gegen die Menschlichkeit - also als Straftatbestand im Völkerstrafrecht - eingestuft. Hinterbliebene der Opfer und Menschenrechtsexperten rufen seit langem dazu auf, dass die Täter und Verantwortlichen nach internationalem Recht strafrechtlich verfolgt werden müssen. Verbrechen gegen die Menschlichkeit dürfen nicht straflos bleiben, gleichgültig wann sie begangen wurden.

Dennoch sind die Täter, die bis heute hohe Funktionen innerhalb des Teheraner Regimes innehaben, bisher straflos geblieben. Die bisherige Untätigkeit der UNO hat dazu geführt, dass schwerste Menschenrechtsverletzungen im Iran unvermindert anhalten. Dazu heißt es in dem neuen Appell von Anfang Mai u.a.:

„Wir appellieren an den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, die im Iran herrschende Straflosigkeit dadurch zu beenden, dass er eine Untersuchungskommission zur Ermittlung der außergerichtlichen Massenhinrichtungen und des erzwungenen Verschwindenlassens von Personen im Jahre 1988 einsetzt. Wir appellieren dringend an die Hohe Kommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, die Bildung einer solchen Kommission zu unterstützen.“

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Großveranstaltung in Paris: Hinterbliebene der Opfer der Massenhinrichtungen im Iran fordern Gerechtigkeit

Der Menschenrechtsexperte Tahar Boumedra erklärte zu dieser neuen Initiative: „Es ist das erste Mal, dass eine so herausragende Gruppe ehemaliger UN-Mandatsträger an die Hohe Menschenrechtskommissarin appelliert, die Verantwortlichen für das Massaker von 1988 zur Rechenschaft zu ziehen. Durch die Untersuchung dieses grausamen Massakers und die Bestrafung der Täter werden die bis heute andauernde Qualen der Hinterbliebenen ein Ende haben. Sie haben ein Recht auf Wahrheit und Gerechtigkeit mittels einer von der UNO geführten Untersuchung. Die Zeugen leben noch. Die Beweise liegen vor. Wenn jetzt nicht gehandelt wird, wird das Regime im Iran seine Vertuschungsmaßnahmen fortsetzen, um sich jeglicher Verantwortung zu entziehen.“

Hintergrund:

Das Gefängnismassaker des Jahres 1988 ist einer der grausamen Höhepunkte der Verfolgung von Oppositionellen und Andersdenkenden im Iran und zählt zu den schwersten Menschenrechtsverbrechen des dort herrschenden Regimes. Bis heute sind die Massenhinrichtungen immer noch unaufgeklärt und ungesühnt. Dokumente belegen, dass viele hochrangige Funktionäre des aktuellen Regimes im Iran an dem Massaker direkt beteiligt waren.

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Unter den Opfern der Massenhinrichtungen waren Tausende von Gefangenen, die schon jahrelang in Haft waren und gegen sie verhängte Freiheitsstrafen verbüßten.

Im Spätsommer und Herbst 1988 wurden in den Gefängnissen Irans täglich Massenhinrichtungen an politischen Gefangenen vollstreckt. Die meisten Hingerichteten gehörten der Widerstandsbewegung PMOI an. Unter den Opfern waren Tausende von Gefangenen, die schon jahrelang unter unmenschlichen Bedingungen in Haft waren und gegen sie verhängte Freiheitsstrafen verbüßten. Auch zahlreiche ehemalige politische Gefangene wurden in dieser Zeit erneut in Haft genommen und „verschwanden“ dann spurlos. Unter den Opfern waren viele Frauen und Männer, die wegen Verteilen von Flugblättern, Teilnahme an Demonstrationen oder der finanziellen Unterstützung der Familien von politischen Gefangenen inhaftiert waren.

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Die Hingerichteten wurden von ihren Henkern in namenlosen Massengräbern verscharrt. Die Familienangehörigen wurden im Spätherbst 1988 lediglich über den Tod der Gefangenen benachrichtigt, ohne weitere Informationen zu erhalten. Über die Exekutionen zu sprechen oder Trauerfeierlichkeiten abzuhalten, war strengstens verboten. Auch über die Orte, wo die Opfer verscharrt wurden, schweigen die Behörden bis heute. Augenzeugen und Familienangehörige wurden eingeschüchtert und bedroht, damit keine Informationen über das Massaker an die Außenwelt gelangen.

Im Laufe der Jahre wurden viele der Massengräber durch das Teheraner Regime vorsätzlich zerstört. Durch diese Zerstörungen sollen forensische Beweise für die begangenen Menschenrechtsverbrechen endgültig vernichtet werden.

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Ausstellung von Exiliranern im Gedenken an die Opfer der Massenhinrichtungen von 1988

Im Dezember 2018 hat Amnesty International in einem Bericht beschrieben, wie 1988 mindestens 5000 Gefangene gezielt ermordet worden sind, um jeden politischen Dissens zu ersticken. In ganz Iran wurden damals Gefangene – mit verbundenen Augen und gefesselt – gruppenweise vor sogenannte „Todeskommissionen“ gebracht und im Geheimen exekutiert. Dazu erklärte Amnesty International u.a.:

"Der Bericht dokumentiert auch, wie die iranischen Behörden in den vergangenen 30 Jahren versucht haben, die Massaker zu leugnen und vertuschen. Dabei wurden Angehörige mutmaßlicher Opfer drangsaliert und eingeschüchtert sowie Massengräber zerstört.

„Die Tatsache, dass das iranische Regime es den Angehörigen bis heute verwehrt, etwas über das Schicksal der damals Verschwundenen zu erfahren, bringt unfassbares Leid über viele Familien. Die Verbrechen gegen die Menschlichkeit dauern damit bis heute an“, so Philip Luther, Amnestys Research- und Advocacy-Direktor für den Nahen Osten.  

Gleichzeitig ist bis heute niemand für die Verbrechen zur Rechenschaft gezogen worden; vielmehr bekleiden etliche Verantwortliche heute höchste Positionen im Regierungs- und Justizapparat. Dies betrifft etwa den heutigen Justizminister Alireza Avaei, der damals in der Provinz Khusestan als Staatsanwalt und Mitglied der „Todeskommission“ amtierte oder sein Amtsvorgänger im Justizministerium, Mostafa Pour Mohammadi, der 1988 als Vertreter des Geheimdienstes in der „Todeskommission“ in Teheran saß. (…)

Auch die UNO hat bis heute darin versagt, die Massaker auf die internationale Traktandenliste zu setzen. Amnesty fordert die UNO auf, einen unabhängigen und effektiven Mechanismus zur Aufarbeitung und Ahndung der Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Iran 1988 zu schaffen."

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Zu den Unterstützern der neuen Initiative vom Mai 2021 gehören:

  • Mary Robinson (Irland), ehem. UN-Menschenrechtskommissarin und Staatspräsidentin Irlands
  • Mark Malloch-Brown (Großbritannien), ehem. Stellvertretender Generalsekretär der Vereinten Nationen
  • Manfred Nowak (Österreich), UN-Sonderberichterstatter über Folter (2004-2010)
  • Jean Ziegler (Schweiz), UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung (2000-2008), Mitglied des Beratenden Ausschusses des Menschenrechtsrats der UNO (2008-2012)
  • Michel Forst (Frankreich), UN-Sonderberichterstatter zur Situation von Menschenrechtsverteidigern (2014-2020)
  • Heiner Bielefeldt (Deutschland), UN-Sonderberichterstatter für Religions- und Weltanschauungsfreiheit (2010-2016)
  • Yakin Ertürk (Türkei), UN-Sonderberichterstatterin zum Thema Gewalt gegen Frauen (2003-2009)
  • Alfred De Zayas (USA), UN-Sonderberichterstatter für die Förderung einer demokratischen und gerechten internationalen Ordnung (2012-2018)
  • Hans Corell (Schweden), Untergeneralsekretär für Rechtsangelegenheiten und Rechtsberater der Vereinten Nationen (1994-2004)
  • Geoffrey Robertson (Australien), ehem. Richter am UN-Sondergerichtshof für Sierra Leone, namhafter Experte bei der Untersuchung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit
  • Richard J. Goldstone (Südafrika), Chefankläger der Internationalen Strafgerichtshöfe für das ehemalige Jugoslawien und Ruanda (1994-1996)
  • Ad Melkert (Niederlande), Sondergesandter des UNO-Generalsekretärs zur Leitung der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen im Irak (UNAMI) (2009-2011)
  • Martin Patzelt (Deutschland), Mitglied des Menschenrechtsausschusses des Deutschen Bundestages
  • Dominique Attias (Frankreich), Präsidentin des Verbandes Europäischer Rechtsanwaltskammern / Federation des Barreaux d’Europe (FBE)
  • Rowan Williams (Großbritannien), Erzbischof von Canterbury und Primas von ganz England (2002 bis 2012)

Zu den Unterzeichnern gehören insgesamt 28 ehemalige UN-Sonderberichterstatter zu Menschenrechtsthemen sowie Juristen wie ein ehemaliger Vizepräsident des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und drei ehemalige Richter des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH).

mehr Informationen zu den Unterzeichnern des offenen Briefes an die UNO-Menschenrechtskommissarin

weitere Informationen

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