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Menschenrechtsverein für Migranten e.V.
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09. November 2020

Bericht der Bundesregierung bestätigt schwere Verletzungen der Religionsfreiheit im Iran

Der Bericht betont, dass das Menschenrecht auf Religionsfreiheit auch das Recht beinhalte, "seinen Glauben zu wechseln oder sich von einem Glauben abzuwenden". Im Iran drohe Konvertierten zum Christentum jedoch eine Anklage wegen "Apostasie" mit Strafen bis hin zur Todesstrafe.

Ende Oktober 2020 hat die Bundesregierung ihren Zweiten Bericht zur weltweiten Lage der Religionsfreiheit veröffentlicht. Der Bericht, der am 6. November Thema einer Aussprache im Deutschen Bundestag war, befasst sich auch mit der Diskriminierung und Verfolgung der religiösen Minderheiten im Iran.

In dem Bericht wird bestätigt, dass christlichen Konvertiten im Iran die Todesstrafe droht. Menschenrechtler fordern seit langem, dass die Abschiebungen von Asylsuchenden, die konvertierte Christen sind, in den Iran gestoppt werden müssen, da ihnen dort ernste Gefahren für Leib und Leben drohen.

Zur Lage im Iran heißt es in dem Bericht der Bundesregierung u.a: „Das iranische Strafrecht ist von der Scharia beeinflusst und sieht eine Vielzahl von Straftatbeständen und Sanktionen vor, um religiös verbotenes Verhalten mit Körperstrafen bis hin zur Todesstrafe zu sanktionieren. Beispielsweise kann die Beleidigung islamischer Propheten (Blasphemie) mit dem Tode bestraft werden.“

Der Bericht betont, dass das Menschenrecht auf Religionsfreiheit auch das Recht beinhalte, „seinen Glauben zu wechseln (Konversion) oder sich von einem Glauben abzuwenden (Apostasie)“. Im Iran drohe Konvertierten zum Christentum jedoch eine Anklage wegen „Apostasie" mit Strafen bis hin zur Todesstrafe.

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Die Bundesregierung weist auch auf den Fall der vier iranischen Christen Youcef Nadarkhani (links im Bild), Yasser Mossayebzadeh, Mohammad Reza Omidi und Saheb Fadaie hin, die allein wegen ihres Glaubens zu hohen Haftstrafen verurteilt wurden.

Exemplarisch wird der Fall von Youcef Nadarkhani angeführt, der als christlicher Konvertit im Iran 2010 wegen „Apostasie“ zum Tode verurteilt und nur durch internationale Proteste vor der Hinrichtung gerettet wurde:

„Youcef Nadarkhani wurde 1977 im Iran als Sohn muslimischer Eltern geboren. Er konvertierte im Alter von19 Jahren zum Christentum und wurde Pastor. Die iranischen Behörden verhafteten ihn 2006 aufgrund der Beschuldigung der „Apostasie“ und der „Evangelisierung“, also der Verbreitung seines Glaubens, ließen ihn jedoch kurz darauf wieder frei. 2009 wurde er erneut verhaftet und 2010 wegen „Apostasie“ zum Tode verurteilt. Berichten zufolge weigerte er sich bei mehreren Gelegenheiten, zum Islam zurück zu konvertieren. Der Vollstreckungsbefehl des Todesurteils erging im Februar 2012.

Angesichts der internationalen Empörung wurde Youcef Nadarkhani in einem erneuten Prozess 2012 von der „Apostasie” freigesprochen und nur noch aufgrund der „Evangelisierung” von Muslimen schuldig gesprochen. Da er bereits Zeit dafür verbüßt hatte, wurde er freigelassen.

Youcef Nadarkhani und drei weitere Christen, Yasser Mossayebzadeh, Saheb Fadaie und Mohammad Reza Omidi, wurden von den Behörden 2016 erneut verhaftet. Ihnen wurde vorgeworfen, sie hätten gegen die „nationale Sicherheit” agiert sowie sich des „Zionismus“ und der „Evangelisierung“ schuldig gemacht. Sie wurden 2017 zu 10 Jahren Haft verurteilt. Seit Juli 2018 befinden sie sich in Haft.“

Systematische Verletzung der Rechte der religiösen Minderheiten, darunter der Christen

Dazu heißt es in dem Bericht:

„Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit der anerkannten religiösen Minderheiten wird im täglichen Leben systematisch verletzt. Immer wieder kommt es zu Einschränkungen ihrer Freiheitsrechte durch den Staat. (…)

Nicht-Muslime dürfen weder herausgehobene politische Ämter noch leitende Regierungs-, Geheimdienst- oder Militärpositionen bekleiden. Bürger, die nicht Mitglied einer der anerkannten Minderheiten sind, gelten automatisch als Muslime. Dies steht nicht im Einklang mit dem Recht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit.

Auch stehen Nicht-Schiiten unter staatlicher Beobachtung mit dem Ziel, die Missionierung von schiitischen Iranern zu verhindern. So ist beispielsweise die Teilnahme muslimischer Iraner am christlichen Gottesdienst verboten und der Zugang zur christlichen Gemeinde wird beobachtet. Die Nutzung des Persischen als Liturgiesprache ist religiösen Minderheiten grundsätzlich untersagt. (…)

Auch die anerkannte christliche Minderheit der Armenier und Assyrer wird in ihren Rechten beschnitten. Evangelikale persischsprachige Gemeinden können nur im Untergrund existieren. Schwierigkeiten hat auch die kleine katholische Gemeinde. 2017 kam es in zwei Fällen zu Beschlagnahmungen von Kirchen der persischsprachigen katholischen Gemeinde.“

Religiöse Minderheit der Bahá'í stärksten Repressalien und Verfolgung ausgesetzt

Der Bericht nimmt auch die Lage der der Bahá’í in den Blick:

„Von den nicht verfassungsrechtlich anerkannten Minderheiten sind die Bahá’í, die zahlenmäßig größte religiöse Minderheit in Iran, am stärksten Repressalien und Verfolgung ausgesetzt. Sie gelten pauschal als „Häretiker“; in Anklagen wird ihnen Staatsgefährdung vorgeworfen. Sie sind vielfältiger Diskriminierung im Alltagsleben bis hin zu systematischer Verfolgung ausgesetzt, von diskriminieren- der Behandlung von Schulkindern durch Lehrkräfte bis zur systematischen Verwehrung des Hochschulzugangs im Rahmen der staatlichen Aufnahmeprüfung. Die Bahá’í dürfen ihren Glauben nicht öffentlich ausleben, etwa durch Gottesdienste oder durch Tragen religiöser Symbole. Die Tätigkeit des privaten Bahá’í Institute of Higher Education wurde untersagt, seine führenden Lehrkräfte verhaftet und der Lehrbetrieb in der Vergangenheit mehrfach nach Razzien verhindert, weshalb er zunehmend im Internet im Stile einer Fernuniversität erfolgt. Zwangsmaßnahmen gegen Unternehmen, die im Besitz von Bahá‘í stehen, finden regelmäßig statt (Schließung, Lizenzentzug, Nichtverlängerung von Lizenzen). Die Diskriminierung der Bahá’í setzte sich auch 2019 durch willkürliche Festnahmen, lange Haftzeiten, Folter und andere Misshandlungen fort. Das seit Januar 2020 geltende Antragsformular für Personalausweise bedeutet eine weitere Diskriminierung der Bahá’í und anderer offiziell nicht anerkannter religiöse Minderheiten. In dem neuen Formular haben nur Angehörige der offiziell anerkannten Religionen die Möglichkeit, ihre Religionszugehörigkeit zu vermerken. Die offiziell nicht anerkannten religiösen Minderheiten müssen ihre Religionszugehörigkeit verleugnen oder darauf verzichten, einen Personalausweis zu beantragen.“

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