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17. Juli 2022

Bahnbrechendes Gerichtsurteil in Schweden: Iranischer Regimefunktionär wegen Massenhinrichtungen von politischen Gefangenen zu lebenslanger Haft verurteilt

Menschenrechtsarbeit hat Erfolg: In einem weltweit beachteten Strafprozess in Stockholm wurde der iranische Regimefunktionär Hamid Nouri wegen seiner Beteiligung an Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Höchststrafe verurteilt. Das Urteil ist ein herausragender Erfolg für die "Kampagne für Gerechtigkeit", die sich dafür einsetzt, dass das Teheraner Regime für seine Völkerrechtsverbrechen zur Rechenschaft gezogen wird.

Am 14. Juli 2022 hat das Stockholmer Bezirksgericht sein Urteil in einem historischen Strafprozess gegen einen Funktionär des iranischen Regimes gesprochen. Das Gericht hat den Angeklagten Hamid Nouri zu lebenslanger Haft verurteilt. Er wurde wegen seiner Beteiligung an einem schweren Völkerrechtsverbrechen, nämlich an Massenhinrichtungen von politischen Gefangenen im Iran, schuldig gesprochen. Für künftige ähnliche Strafprozesse ist das Urteil wegweisend.

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Der vorsitzende Richter Tomas Zander und die Richterin Anna Liljenberg Gullesjö während der Urteilsverkündung im Stockholmer Gerichtsgebäude

Das Urteil ist ein herausragender Erfolg für die Rechtsstaatlichkeit und die Kampagne für Gerechtigkeit, die sich dafür einsetzt, dass das Teheraner Regime für seine Völkerrechtsverbrechen zur Rechenschaft gezogen wird. Menschenrechtsorganisationen auf der ganzen Welt haben das Urteil als entscheidenden Erfolg und bedeutsamen Fortschritt begrüßt.

Amnesty International bezeichnete das Urteil als Meilenstein auf dem Weg zur Gerechtigkeit für die Opfer des Massakers von 1988 in den iranischen Gefängnissen. Das Urteil sei ein deutliches Zeichen an das Teheraner Regime, dass diejenigen, die im Iran für Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich sind, ihrer gerechten Strafe nicht entkommen werden. Jetzt sollten alle Staaten, die das Weltrechtsprinzip anwenden, strafrechtliche Ermittlungen gegen die iranischen Regimefunktionäre einleiten, die an früheren oder aktuellen Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligt sind, auch gegen den Regime-Präsidenten Raisi.

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Weltweit hat das Urteil Begeisterung ausgelöst. Im Bild zeigen Exiliranerinnen in Brüssel ihre Freude.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch nannte das Urteil „einen bedeutsamen Moment“ für die Überlebenden und die Familien der Opfer. Das Urteil sende eine Botschaft an die hochrangigsten iranischen Verantwortungsträger, „die in diese Verbrechen verwickelt sind, dass sie nicht für immer der Reichweite der Justiz entzogen bleiben können“.

Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Bei dem Verurteilten handelt es sich um den 61-jährigen iranischen Regime-Funktionär Hamid Nouri. Er war im November 2019 bei der Einreise aus dem Iran auf dem Stockholmer Flughafen festgenommen worden und befindet sich seither in Untersuchungshaft.

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Nouri wurde schuldig gesprochen, an den Massenhinrichtungen beteiligt gewesen zu sein, denen im Jahre 1988 im ganzen Iran tausende politische Gefangene zum Opfer fielen. Das Stockholmer Gericht bestätigte mit seinem Urteil, dass es sich bei dem vom Regime organisierten Massaker, das 1988 in iranischen Gefängnissen begangen wurde, um ein Völkerrechtsverbrechen der schlimmsten Art handelt. Es gilt als Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

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Seit Beginn des Prozesses gab es regelmäßig Kundgebungen und Mahnwachen in Stockholm, wo Menschenrechtler und Exiliraner Gerechtigkeit für die Opfer der Massenhinrichtungen im Iran forderten.

Im Laufe des Gerichtsprozesses war zweifelsfrei nachgewiesen worden, dass Nouri an der Folterung und Ermordung von hunderten politischen Gefangenen beteiligt war. Er war Helfershelfer des sog. „Todeskomitees“, das 1988 im Gohardasht-Gefängnis nahe Teheran über die Massenhinrichtungen entschied. Er war verantwortlich für brutale Verhöre, Folterungen und die Selektion der Gefangenen für die Hinrichtungen.

Historischer Gerichtsprozess

Das Gerichtsverfahren in Stockholm, das am 10. August 2021 begann, gilt als ein historischer Prozess: Es war das erste Mal, dass sich ein iranischer Regimefunktionär wegen der Massentötungen von politischen Gefangenen vor Gericht verantworten musste.

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Vor dem Gerichtsgebäude in Stockholm: Nebenkläger und Zeugen der Anklage im Strafprozess gegen Hamid Nouri

Mit über 90 Verhandlungstagen war dieses Gerichtsverfahren einer der umfassendsten schwedischen Strafprozesse. Fast 70 Nebenkläger und Zeugen, darunter auch viele ehemalige Häftlinge des Gohardasht-Gefängnisses, sowie zahlreiche Menschenrechtsexperten haben in diesem Prozess ausgesagt. Die schwedische Staatsanwaltschaft hat am 28. April 2022 beantragt, den Angeklagten aufgrund der Schwere seiner Schuld zur Höchststrafe, nämlich lebenslange Haft, zu verurteilen. Das Gericht ist diesem Antrag gefolgt.

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Weltrechtsprinzip: Straflosigkeit der Täter von Völkerrechtsverbrechen beenden!

Die schwedische Justiz hat ihre Zuständigkeit in diesem Verfahren mit dem Weltrechtsprinzip begründet. Die massenweisen, systematischen Tötungen von tausenden politischen Gefangenen im Iran, besonders das Massaker des Jahres 1988, sind schwere Völkerrechtsverbrechen. Auf der Grundlage des Weltrechtsprinzips können Völkerrechtsverbrechen auf der ganzen Welt strafrechtlich verfolgt werden, unabhängig davon, in welchem Land die Taten begangen wurden. Das Weltrechtsprinzip gilt bei Verbrechen wie Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Diese Straftaten verjähren nicht.

Internationale Kampagne für Gerechtigkeit: Teheraner Regime wegen Völkerrechtsverbrechen zur Verantwortung ziehen!

Das Weltrechtsprinzip ist ein wirksames Instrument, um die Täter von Völkerrechtsverbrechen zu bestrafen. Im Iran begeht das Regime seit Jahrzehnten schwere Völkerrechtsverbrechen. Dazu gehören die Massenhinrichtungen und Ermordungen von tausenden politischen Gefangenen und Regimegegnern, die in den 1980er Jahren begannen und bis heute andauern.

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Die internationale „Kampagne für Gerechtigkeit“ setzt sich dafür ein, dass die Weltgemeinschaft die früheren und aktuellen Völkerrechtsverbrechen des iranischen Regimes aufklärt und die Täter strafrechtlich zur Verantwortung zieht. Nur wenn die bisherige Straflosigkeit ein Ende hat, können die aktuellen schweren Menschenrechtsverletzungen und Hinrichtungen im Iran gestoppt werden.

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Zu den Völkerrechtsexperten, die sich in der Kampagne für Gerechtigkeit engagieren, gehören Eric David, emeritierter Professor für internationales Recht an der Freien Universität Brüssel (Bild rechts), und Geoffrey Robertson, einer der bekanntesten Menschenrechtsjuristen der Welt. Robertson gehörte dem Rechtsausschuss der Vereinten Nationen an und war Berufungsrichter am UN-Sondergerichtshof für Sierra Leone.

Unter Mitwirkung von namhaften Völkerrechtsexperten arbeitet die Kampagne dafür, dass andere Länder und die UNO dem schwedischen Beispiel folgen und Strafverfahren gegen die iranischen Regimefunktionäre, die Völkerrechtsverbrechen begangen haben, einleiten. Die Massenhinrichtungen von politischen Gefangenen im Iran sollten umgehend Gegenstand internationaler Ermittlungen werden.

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Völkerrechtsexperten fordern internationale Ermittlungen gegen den Regime-Präsidenten Raisi

Zahlreiche geprüfte Dokumente belegen, dass der aktuelle Präsident des Teheraner Regimes, Ebrahim Raisi, seit Jahrzehnten eine aktive Rolle bei den Völkerrechtsverbrechen im Iran spielt. Neben seiner Beteiligung am Massaker von 1988 trägt er auch Mitverantwortung für das Massaker an 1500 friedlichen Demonstranten im November 2019 und für Hinrichtungen von Minderjährigen. Völkerrechtsexperten fordern daher die Einleitung internationaler strafrechtlicher Ermittlungen gegen Raisi.

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Auch in Berlin fordern Exil-Iraner und Menschenrechtler, dass der Präsident des Teheraner Regimes, Ebrahim Raisi, wegen seiner Beteiligung an Völkerrechtsverbrechen strafrechtlich verfolgt wird.

Ende Januar 2022 hat es einen viel beachteten internationalen Aufruf an die UNO gegeben, Ermittlungen zu dem Massaker von 1988 und insbesondere zur Beteiligung des Regime-Präsidenten Raisi an diesem Völkerrechtsverbrechen in die Wege zu leiten.

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Mehr als 460 prominente Persönlichkeiten, darunter hoch angesehene Völkerrechtler, Juristen, Nobelpreisträger und ehemalige politische Verantwortungsträger, haben diesen Aufruf unterstützt. Zu den Unterzeichnern gehören ehemalige Außenminister von Australien, Belgien, Kanada, Italien, dem Kosovo und Polen sowie der ehemalige Präsident des Internationalen Strafgerichtshofs, Sang-Hyun Song, und der ehemalige US-Botschafter für globale Strafjustiz, Stephen Rapp.

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Hintergrund:

Iran im Jahre 1988: Massaker an politischen Gefangenen mit tausenden Opfern

Bei den Massenhinrichtungen von 1988 handelt es sich um ein organisiertes staatliches Massaker, das im Spätsommer jenes Jahres auf Befehl des damaligen Regime-Führers Khomeini an politischen Gefangenen im ganzen Iran verübt wurde. Schätzungen zufolge fielen diesem Massaker bis zu 30000 Gefangene zum Opfer. Sie wurden gezielt ermordet, um jeden Widerstand gegen die Diktatur auszulöschen. Die Hingerichteten wurden von ihren Henkern in namenlosen Massengräbern verscharrt. Familienangehörige wurden eingeschüchtert und bedroht, damit keine Informationen über das Massaker an die Außenwelt gelangen.

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Über die Hinrichtungen entschieden sogenannte „Todeskomitees“, die die Gefangenen in Prozessen, die nur wenige Minuten dauerten, gruppenweise zum Tode verurteilten. Das Todeskomitee, das über die Exekutionen in den Gefängnissen im Großraum Teheran entschied, hatte vier leitende Mitglieder. Einer von ihnen war der seit August 2021 amtierende Regime-Präsident Ebrahim Raisi. Allein in den Gefängnissen Evin und Gohardasht, für die Raisi zuständig war, wurden tausende Hinrichtungen vollstreckt.

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Washington: Gedenkveranstaltung von Exiliranern für die Opfer der Massenhinrichtungen im Iran

Die meisten Hinrichtungsopfer waren schon jahrelang unter unmenschlichen Bedingungen in Haft gewesen und verbüßten gegen sie verhängte Freiheitsstrafen. Auch zahlreiche ehemalige politische Gefangene wurden in dieser Zeit erneut in Haft genommen und „verschwanden“ dann spurlos. Unter den Opfern waren viele Frauen und Männer, die wegen Verteilen von Flugblättern, Teilnahme an Demonstrationen oder der finanziellen Unterstützung der Familien von politischen Gefangenen inhaftiert waren.

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