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26. August 2023

Familien von Opfern des Teheraner Regimes sind Repressalien und Gewalt ausgesetzt

Zunehmende Unterdrückung im Iran vor dem Jahrestag des Beginns der landesweiten Proteste gegen die Diktatur: Zur Zielscheibe der Repression werden immer häufiger Familien, die Gerechtigkeit für ihre vom Regime getöteten Angehörigen fordern und öffentlich Solidarität mit der Protestbewegung zeigen.

Im Herbst 2022 haben Regimetruppen im Iran brutalste Gewalt angewendet, um die Massenproteste gegen die Diktatur niederzuschlagen. Dabei wurden nach Angaben von Menschenrechtlern mindestens 750 Männer, Frauen und Kinder getötet.

Familienangehörige der Getöteten erinnern immer wieder mit Andachten und Mahnwachen an die Opfer. Sie fordern, dass die für die Unterdrückung verantwortlichen Regime-Funktionäre strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.

Angesichts der systematischen Straflosigkeit im Iran hat Amnesty International alle Staaten erneut aufgerufen, unter dem Weltrechtsprinzip Haftbefehle gegen iranische Regime-Funktionäre, auch gegen Personen in Führungspositionen, auszustellen, die begründeterweise der strafrechtlichen Verantwortung für völkerrechtliche Verbrechen während und nach den Protesten verdächtigt werden.

Um erneute Demonstrationen zu verhindern und die Bevölkerung einzuschüchtern, verschärft das Teheraner Regime die Repressalien gegen die Familienangehörigen der Todesopfer. Hier Beispiele:

In der zentraliranischen Stadt Isfahan ist die Familie von Shirin Alizadeh andauernden Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt. Die 35-jährige Shirin Alizadeh wurde am 22. September 2022 von Regimetruppen erschossen. Sie befand sich zusammen mit ihrem Mann Kourosh Vaziri und ihrem 7-jährigen Sohn Daryoush in ihrem Wagen, als die Truppen wahllos auf Demonstranten und Passanten schossen.

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Kourosh Vaziri und sein Sohn Daryoush am Grab der getöteten Shirin Alizadeh

Kourosh Vaziri fordert Gerechtigkeit für seine getötete Frau. Am 17. August wurde er nach einer Mahnwache am Grab seiner Frau vor den Augen seines Sohnes verhaftet und in das Dastgerd-Gefängnis von Isfahan gebracht.

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Am 23. August wurde auch Shirin Alizadehs Schwester Nasrin (Bild) in Isfahan verhaftet. Sie wird an einem unbekannten Ort festgehalten. Zuvor war ihre Wohnung bei einer Razzia durchsucht worden.

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Mahsa Yazdani mit ihrem Sohn, der von Regime-Milizen getötet wurde

Am 22. August wurde Mahsa Yazdani, die Gerechtigkeit für ihren getöteten Sohn fordert, in der nordiranischen Stadt Sari verhaftet. Auch sie wird an einem unbekannten Ort festgehalten. Ihr Sohn Mohammad Javad Zahedi wurde im September 2022 tödlich getroffen, als Regime-Milizen in Sari eine Protestkundgebung unter Beschuss nahmen.

Zu den Repressalien gegen die Familien der Todesopfer erklärte Amnesty International in einer Pressemitteilung vom 21. August 2023 u.a.:

«Bei den landesweiten Protesten nach dem Tod von Jina Mahsa Amini im Jahr 2022 wurden Hunderte Personen von den iranischen Sicherheitskräften rechtswidrig getötet. Ein Jahr nach den Demonstrationen, die von dem Slogan "Frau, Leben, Freiheit" begleitet waren, setzen die iranischen Behörden offenbar alles daran, die Familien der Getöteten zu schikanieren und einzuschüchtern, um ihre Stimmen und Forderungen nach Rechenschaftspflicht zu unterdrücken. Amnesty International fordert für diese Familien die Möglichkeit, diesen traurigen Jahrestag ohne Repressalien begehen zu können.

In einem neuen Bericht dokumentiert Amnesty International, wie die iranischen Behörden Familienangehörige der Getöteten willkürlich festnehmen und inhaftieren, friedliche Versammlungen auf Friedhöfen grausam einschränken und Grabsteine zerstören. Im Zuge der landesweiten Proteste, die im Iran nach dem Tod von Jina Mahsa Amini am 16. September 2022 ausbrachen, wurden Hunderte Menschen, darunter auch Minderjährige, von den Sicherheitskräften rechtswidrig getötet. Niemand ist bisher für diese brutale Unterdrückung zur Verantwortung gezogen worden. Amnesty International ist der Ansicht, dass die grausamen Methoden, die die Behörden gegen trauernde Familien einsetzen, gegen das im Völkerrecht verankerte absolute Verbot von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe verstoßen.

"Die Grausamkeit der iranischen Behörden kennt keine Grenzen. Sie versuchen kaltblütig, ihre Verbrechen zu verschleiern, und sorgen dadurch bei den betroffenen Familien für noch mehr Leid und Schmerz, indem sie deren Forderungen nach Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung unterdrücken und sie sogar daran hindern, auf den Gräbern der Getöteten Blumen zu pflanzen. Der Jahrestag der Proteste steht kurz bevor und die Familien der Getöteten befürchten, dass die Behörden auf die bekannten repressiven Taktiken zurückgreifen werden, um sie daran zu hindern, Gedenkveranstaltungen abzuhalten", so Diana Eltahawy, stellvertretende Direktorin für die Region Naher Osten und Nordafrika bei Amnesty International.

"Die internationale Gemeinschaft muss den Familien der Getöteten beistehen, indem sie die iranischen Behörden über diplomatische Wege und öffentlich dazu anhält, die Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit im Land zu respektieren. Die Familien sind vor willkürlicher Inhaftierung, Bedrohung und anderen Vergeltungsmaßnahmen zu schützen. Die Staaten müssen die iranischen Behörden zudem auffordern, alle diejenigen freizulassen, die nur deshalb in Haft sind, weil sie sich für Wahrheit und Gerechtigkeit für die Getöteten eingesetzt haben. Die gegen sie verhängten Schuldsprüche und Strafen sind aufzuheben und alle Anklagen gegen Personen, die lediglich ihr Recht auf Meinungsfreiheit wahrgenommen haben, müssen fallengelassen werden." (…)

Menschenrechtsverletzungen gegen Familien, die Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung fordern

Die gegen die Familien der Getöteten verübten Menschenrechtsverletzungen reichen von willkürlicher Festnahme und Inhaftierung bis hin zu ungerechtfertigter Strafverfolgung auf der Grundlage vage formulierter Anschuldigungen im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit, die in einigen Fällen zu Gefängnis- und Körperstrafen führten. Darüber hinaus wurden Betroffene vorgeladen und von der Staatsanwaltschaft oder Polizei unter Zwang verhört, und einige wurden rechtswidrig überwacht. Auch vor der Zerstörung oder Schändung von Gräbern schrecken die Behörden nicht zurück.

Im Juli 2023 sagte die Mutter des 16-jährigen Artin Rahmani, der am 16. November 2022 in Izeh in der Provinz Chuzestan von Sicherheitskräften erschossen wurde, auf Twitter: "Die Behörden der Islamischen Republik haben meinen unschuldigen Sohn getötet, meinen Bruder und meine Verwandten inhaftiert, und mich zur Staatsanwaltschaft vorgeladen, um mich zum Schweigen zu bringen, weil ich es gewagt habe, Gerechtigkeit für die Tötung meines Kindes zu fordern. Menschen im Iran haben kein Recht zu protestieren, und jegliche Forderung nach Freiheit wird mit großer Gewalt unterdrückt."

Die Behörden haben auch versucht, die Familien der Getöteten davon abzuhalten, an den Gräbern ihrer Verwandten Andachten abzuhalten, z. B. am Geburtstag der Getöteten. Wenn Familien dennoch Gedenkveranstaltungen abhielten, berichteten sie über eine starke Präsenz der Sicherheitskräfte, die gewaltsam gegen Anwesende vorgingen, Bilder machten und Familienangehörige schlugen oder willkürlich festnahmen. (…)

Internationale Gemeinschaft muss gegen Straflosigkeit vorgehen  

Die Familien der Opfer müssen mit Vergeltungsmaßnahmen rechnen, wenn sie die rechtswidrige Tötung ihrer Verwandten anzeigen oder öffentlich verurteilen, wenn sie die offizielle Linie zu den Tötungen infrage stellen, wenn sie Rechenschaftspflicht fordern, ja sogar, wenn sie Versammlungen für trauernde Familien abhalten oder in den Sozialen Medien die Behörden kritisieren.

"Angesichts der systematischen Straflosigkeit im Iran fordert Amnesty International alle Staaten auf, unter dem Weltrechtsprinzip Haftbefehle für iranische Staatsbedienstete auszustellen, die begründeterweise der strafrechtlichen Verantwortung für völkerrechtliche Verbrechen während und nach den Protesten verdächtigt werden – dies gilt auch für Personen in Führungspositionen", so Diana Eltahawy, stellvertretende Direktorin für die Region Naher Osten und Nordafrika bei Amnesty International.»

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